Kontaktlinsen (auch: Haftschalen, Haftlinsen) sind kleine, meist aus Silikon oder Silikon-Hydrogel bestehende Linsen, die auf die Hornhaut aufgelegt werden und auf dem feinen Tränenfilm des Auges schwimmen. Sie gehören zu den optischen Hilfsmitteln und stellen als solche eine Alternative oder Ergänzung zur Brille dar. Mithilfe von Kontaktlinsen lassen sich viele refraktive Sehfehler wie Kurzsichtigkeit, Weitsichtigkeit, Alterssichtigkeit oder eine Hornhautverkrümmung korrigieren.
Die wichtigsten Fragen auf einen Blick
Galten Kontaktlinsen lange Zeit nicht als wirkliche Alternative zur Brille, so sind sie längst zum geschätzten Begleiter vielen Menschen geworden. Sie werden inzwischen gleichwertig oder als ideale Ergänzung zur Brille verwendet. Dafür spricht auch die Zahl von mehr als drei Millionen Menschen die Kontaktlinsen tragen – Tendenz steigend.(1) Doch warum erleben Kontaktlinsen so einen Boom?
- Kontaktlinsen werden immer sicherer: Moderne Hochleistungskunststoffe und sichere Pflegesysteme für Linsen schonen die Augen und sorgen für eine bessere Handhabung als früher. Mehr als 80 % der Menschen vertragen Kontaktlinsen ohne Probleme, wenn sie zuvor einen Kontaktlinsenspezialisten konsultieren.
- Kontaktlinsen sind erschwinglicher geworden: Die Auswahl und Vielfalt an Kontaktlinsen sind groß und viele namhafte Hersteller stehen im Preiskampf zueinander. Fast jede Fehlsichtigkeit lässt sich heute zu einem erschwinglichen Preis mit Kontaktlinsen korrigieren.
- Kontaktlinsen erleichtern den Alltag: Kontaktlinsen schwimmen unsichtbar auf dem Tränenfilm des Auges und passen sich jeder Bewegung der Augen an. Kontaktlinsenträger profitieren von einer völligen Bewegungsfreiheit, ohne dass eine Brillenfassung die Sicht einschränkt, auf der Nase verrutscht oder herunterfällt.
- Kontaktlinsen erlauben die Korrektur komplizierter Fehlsichtigkeiten: Besonders komplizierte Fehlsichtigkeiten, wie Keratokonus oder sehr unterschiedliche Brechungsverhältnisse in beiden Augen, können mit Kontaktlinsen meist besser ausgeglichen werden als mit einer Brille.
Die Geschichte der Kontaktlinse
Die Geschichte der Kontaktlinse ist geprägt von großen Namen der Wissenschaft. Alles begann mit dem italienischen Künstler Leonardo da Vinci (1452 – 1519). Dieser schlug im Jahre 1508 nach zahlreichen Experimenten und Überlegungen zum Thema Sehkraft vor, die Augen zur Modifikation der Brechungseigenschaften in ein wassergefülltes Glasgefäß einzutauchen. Die erste Idee einer Kontaktlinse war geboren.
1636 beschrieb der Philosoph, Mathematiker und Philosoph René Descartes (1596-1650) eine mit Flüssigkeit gefüllte Glasröhre, dessen Ende zur Korrektur einer Fehlsichtigkeit direkt an das Auge gesetzt werden konnte. Seine Idee sah vor, dass die Lichtbrechung durch das Wasser hindurch die Sehschwäche beseitigen sollte. Das theoretische Wissen bestand also schon zum Beginn der Neuzeit. Es sollte allerdings noch mehr als 250 Jahre dauern, bevor die erste Kontaktlinse erfolgreich hergestellt wurde.
Das Jahr 1887 gilt als Geburtsjahr der Kontaktlinse. Damals veröffentlichten die Wissenschaftler Adolf Eugen Fick und August Müller zeitgleich und unabhängig voneinander ihre Doktorarbeit zum Thema Kontaktlinsen bzw. Hornhautlinsen. Beide Forscher entwickelten aus Glas geblasene Schalen, die einen Großteil der Augenoberfläche bedeckten.(2) Diese sogenannten Skleralschalen waren allerdings mit mehr als 20 Millimeter sehr groß, sauerstoffundurchlässig und reizten die Augen extrem. Der Erfinder August Müller, selbst stark kurzsichtig, musste die Linsen nach maximal einer halben Stunde wieder aus den Augen nehmen. Zudem bestand durch das gläserne Material (z. B. bei einer zerbrochenen Kontaktlinse oder Glassplittern) immer die Gefahr von schweren Augenverletzungen.
Die eigentlich wenig nutzerfreundlichen Skeralschalen wurden in den darauffolgenden Jahren immer weiter verfeinert. So fertigte Carl Zeiss 1911 die ersten passgenauen Glasschalen in unterschiedlichen Stärken an. Darüber hinaus wurden in Ungarn erstmals Abdrucke von Augen gemacht, um die Form der Skleralschalen präzise auf das individuelle Auge anpassen zu können.
Der wirklich große Durchbruch auf dem Gebiet der Kontaktlinsen gelang im Jahre 1946, als es der deutschen Konstrukteur Heinrich Wöhlk fertigbrachte, die erste Kontaktlinse aus Plexiglas (PMMA) zu entwickeln. Selbst seit seiner Kindheit stark weitsichtig, entwickelte er eine Linse, die nur auf die Hornhaut auflag und bis zu 8 Stunden getragen werden konnte. Diese Form der Linse gilt bis heute als Grundstein der modernen harten Kontaktlinse.
In den darauffolgenden Jahren kam es zu weiteren Forschungen im Bereich der Kontaktlinsenmaterialien. So gelang es dem Wissenschaftler Otto Wichterle 1959 mit der Erfindung des biokompatiblen Hydrogel HEMA erstmals, weiche Kontaktlinsen herzustellen.
Seit diesem Zeitpunkt gab es fortlaufend neue Innovationen auf dem Kontaktlinsen-Markt. Bessere, neuartige Materialien kamen hinzu, Kontaktlinsen wurden dünner, verträglicher und bequemer. Moderne Linsen ließen immer längere Tragezeiten zu und waren nun in der Lage, eine Vielzahl von Sehschwächen auszugleichen.
Die Funktion der Kontaktlinse
Die Kontaktlinse soll, genau wie die Brille, unterschiedliche Fehlsichtigkeiten und/oder Augenkrankheiten korrigieren, die im Laufe des menschlichen Lebens auftreten können. Anders als die auf der Nase sitzende Brille, schwimmt die Kontaktlinse mithilfe der Tränenflüssigkeit direkt auf der Hornhaut des Auges. Richtig angepasst unterstützt die Kontaktlinse die natürliche Augenlinse und hilft uns dabei scharf zu sehen.
Die Funktionsweise von Kontaktlinsen lässt sich relativ simpel erklären und ist im Prinzip mit der einer Brille zu vergleichen. Bei beiden Methoden wird die Brechkraft des Auges durch eine vorgesetzte Linse so verändert, dass der Brechungswinkel für die einfallenden Lichtstrahlen wieder optimal ist und ein scharfes Bild auf die Netzhaut projiziert wird. Nur wenn der Fokus des Lichtes im Augeninneren genau auf Gelben Fleck (Makula) der Netzhaut trifft, nehmen wir ein scharfes Bild wahr.
Die Korrektur einer Kurzsichtigkeit
Bei Menschen mit Kurzsichtigkeit (Myopie) liegt der Brennpunkt der einfallenden Lichtstrahlen vor der Netzhaut (Retina), da die Lichtbrechung durch die Hornhaut zu stark ist. Zur Korrektur der Myopie wird ein sogenanntes Minusglas verwendet. Die konkav geformte Linse ist am Rand dicker als in der Linsenmitte und korrigiert die zu starke Lichtbrechung.
Durch die spezielle Linsenform wird der vor der Netzhaut liegende Brennpunkt des einfallenden Lichts wieder auf die Retina versetzt und es kommt ein scharfes Bild zustande.
Die Korrektur einer Weitsichtigkeit
Zur Korrektur einer Weitsichtigkeit (Hyperopie) wird ein sogenanntes Plusglas als Kontaktlinse verwendet. Diese speziellen Linsen sind konvex geformt und unterstützen die Brechkraft des Auges. Sie haben in der Mitte ihren größten Durchmesser und sind so in der Lage die Strahlen optimal zu bündeln. Durch diese Funktion werden die Lichtstrahlen optimal gebündelt und der Brennpunkt des einfallenden Lichtes auf die Netzhaut verschoben. Die Linsen helfen somit, die fehlende Brechkraft der Augenlinse zu ersetzen.
Die Korrektur einer Hornhautverkrümmung
Für Menschen, die von einer Hornhautverkrümmung (Astigmatismus) betroffen sind, werden sogenannte torische Kontaktlinsen angeboten. Diese gleichen die ungleichmäßige Form der Hornhaut des Auges aus und helfen dabei, dass wieder ein scharfes Bild auf die Netzhaut projiziert wird. Bei der Herstellung torischer Kontaktlinsen müssen neben den Dioptrienwerten auch die Werte für Achse und Zylinder des Astigmatismus berücksichtigt werden. Für eine optimale Korrektur der Hornhautverkrümmung muss die Linse zudem in einer klar definierten Position sitzen. Dafür sind torischen Linsen an der Unterseite etwas schwerer, um sich – auf der Tränenflüssigkeit schwimmend – von selbst wieder auf der Hornhaut ausrichten.
Gut zu wissen: Oft tritt eine Hornhautverkrümmung gemeinsam mit einer Kurz- oder Weitsichtigkeit auf.
Die Korrektur einer Alterssichtigkeit
Eine Alterssichtigkeit (auch: Altersbedingte Weitsichtigkeit; Presbyopie), die im Alter mit einer regulären Sehschwäche einhergeht, kann mithilfe von multifokalen Kontaktlinsen ausgeglichen werden. Im Gegensatz zu herkömmlichen Kontaktlinsen, die nur das Sehen in der Ferne oder Nähe korrigieren können, bieten Multifokallinsen scharfes Sehen auf unterschiedlichen Entfernungen. Durch ihre konzentrisch um die Mitte verteilten Ringzonen werden mehrere Sehstärken verarbeitet und ein gleichzeitiges Bild in mehreren Sehdistanzen erzeugt. Multifokallinsen funktionieren ähnlich wie eine Gleitsichtbrille und können so neben einer normalen Brille auch eine Lesebrille ersetzen.
Die Eigenschaften der Kontaktlinse
Kontaktlinsen müssen einige wichtige Eigenschaften mitbringen, damit sie eine gute Verträglichkeit aufweisen und das Auge nicht nachhaltig schaden. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um harte oder weiche Kontaktlinsen handelt.
Die Benetzbarkeit
Die Benetzbarkeit der Kontaktlinsenoberfläche ist von großer Bedeutung für die Verträglichkeit von Kontaktlinsen. Unter Benetzbarkeit versteht man im Allgemeinen die Ausbreitung einer Flüssigkeit auf einer Materialoberfläche. Eine gute und gleichmäßige Benetzung ist wichtig für die Aufrechterhaltung der optischen Abbildungsqualität im Auge. Darüber hinaus verhindert ein besserer Austausch der Tränenflüssigkeit unter den Kontaktlinsen mögliche Störungen des Hornhautstoffwechsels.
Die Sauerstoffdurchlässigkeit
Die Sauerstoffdurchlässigkeit ist neben der Benetzbarkeit eine zentrale Materialeigenschaft für die Verträglichkeit von Kontaktlinsen. Um eine optimale Versorgung der Hornhaut des Auges zu gewährleisten, müssen die Linsen so gut wie möglich für Sauerstoff durchlässig sein. Kommt es zu einem Sauerstoffmangel, kann die Hornhaut des Auges anschwellen und geschädigt werden. Die Sauerstoffdurchlässigkeit einer Kontaktlinse wird mit dem sogenannten Durchlässigkeitswert einer Kontaktlinse (DK-Wert) angegeben.
Je höher der DK-Wert ist, desto sauerstoffdurchlässiger ist die Linse.
Der UV-Schutz bei Kontaktlinsen
Intensive und schädliche UV-Strahlungen können die Augen reizen oder die Hornhaut dauerhaft schädigen. Aus diesem Grund bestehen viele Kontaktlinsen namhafter Hersteller aus UV-absorbierenden Material oder haben einen integrierten UV-Filter und schützen die Horn- und Bindehaut des Auges.
Wichtig: Für den Rundumschutz der Augen ist es dennoch wichtig, eine Sonnenbrille zu tragen, da die Linse direkt auf der Pupille sitzt.
Die Linsentypen der Kontaktlinsen
Abhängig von den verwendeten Materialien aus denen Kontaktlinsen hergestellt werden, unterscheidet man zwei Typen von Kontaktlinsen – weiche und harte Kontaktlinsen. Je nach Funktion der Linsen gibt es diese jeweils in sphärischen, asphärischen oder torische Form. Während die ersten beiden Formen vor allem dem Ausgleich einer Kurz- und Weitsichtigkeit oder Alterssichtigkeit dienen, werden torische Linsen zur Korrektur einer Hornhautverkrümmung angewendet.
Weiche Kontaktlinsen
Weiche Kontaktlinsen bestehen meist aus Hydrogelen oder Silikonhydrogelen mit einem Wassergehalt von 40 bis 80 Prozent und zeichnen sich durch eine höhere Spontanverträglichkeit aus. Je höher der Wassergehalt in der Linse ist, umso größer ist die Durchlässigkeit für Sauerstoff. Aufgrund ihrer elastischen Eigenschaften sind die weichen Linsen deutlich flexibler und passen sich der Hornhautform des Patienten gut an. Kombiniert mit dem großen Durchmesser (12-16 mm) der Linsen erhöht das den Tragekomfort. Weiche Linsen sind allerdings auch anfälliger für Infektionen oder können zur Austrocknung des Auges führen.
Harte (formstabile) Kontaktlinsen
Harte Kontaktlinsen sind etwas kleiner (8-10 mm Durchmesser) als weiche Kontaktlinsen und werden auch als formstabile Kontaktlinsen bezeichnet. Durch stetige Weiterentwicklung bestehen sie heutzutage aus hoch sauerstoffdurchlässigem Kunststoff mit Dk-Werten von 140 und mehr.
Ihre Formstabilität erlaubt die Korrektur leichter Hornhautverkrümmungen, sorgt aber umgekehrt auch dafür, dass harte Kontaktlinsen anfangs oft ein Fremdkörpergefühl im Auge verursachen. An dieses gewöhnen sich die meisten Menschen aber schnell. Durch die hohe Sauerstoffdurchlässigkeit gewährleisten die Linsen bei längerer Tragedauer ein angenehmes Tragegefühl als weiche Linsen. Zudem sind sie bei sorgfältiger Pflege äußerst langlebig und können auch als Jahreslinsen verwendet werden.
Torische Kontaktlinsen
Bestehende Kurz- oder Weitsichtigkeiten können herkömmlichen Kontaktlinsen mit einer gleichmäßigen Wölbung korrigieren. Sind Patienten allerdings von einer starken Hornhautverkrümmung betroffen, kommen speziell kringelförmige Kontaktlinsen (torische Kontaktlinsen) zum Einsatz. Diese gibt es sowohl als harte oder weiche Variante. Durch ihre besondere Struktur gleichen die Linsen die unregelmäßigen Brechkräfte der Hornhaut aus. Einfallende Lichtstrahlen werden so wieder regelmäßig gebrochen und scharf auf der Netzhaut des Auges abgebildet.
Gleitsichtkontaktlinsen
Das menschliche Auge verliert im Laufe des Lebens die Fähigkeit, Dinge in naher Entfernung scharf darzustellen (Alterssichtigkeit o. Presbyopie). Aus diesem Zweck wurden sogenannte Bifokal- oder Multifokalkontaktlinsen (auch: Gleitsichtkontaktlinsen) entwickelt. Diese leisten im Prinzip das gleiche wie eine Gleitsichtbrille und sind in der Lage, eine grundsätzlich vorliegende Kurzsichtigkeit und eine Altersweitsichtigkeit simultan zu korrigieren. Bifokale Kontaktlinsen besitzen dafür in der unteren Hälfte einen Anteil, der die Nahsicht ermöglicht. Multifokale Linsen haben verschiedene Stärkebereiche, die symmetrisch auf den Kontaktlinsen angeordnet sind und so mehrere Sehbereiche scharf darstellen können.
Ortho-K-Linsen
Orthokeratologische Kontaktlinsen – kurz Ortho-K-Linsen – werden über Nacht getragen und korrigieren eine Kurzsichtigkeit und leichte Hornhautverkrümmung während des Schlafs. Sie modellieren die Hornhaut in dieser Zeit so, dass diese in eine optimierte Form für scharfes Sehen am Tag geändert wird. Dabei liegt die Veränderung bei wenigen hundertstel Millimetern. Diese Veränderung reicht aber aus, dass bereits nach der ersten Nacht eine Kurzsichtigkeit um 60-70 % reduziert werden kann. Nach ca. 5 bis 10 Nächten mit Ortho-K-Linsen kann man den ganzen Tag über scharf sehen. In der Regel sind dann 8-12 Stunden scharfes Sehen ohne Brille möglich.
Farbige Kontaktlinsen
Farbige Kontaktlinsen erlauben eine Typveränderung oder sind für Menschen, die nicht glücklich mit ihrer eigentlichen Augenfarbe sind. Neben der Farbänderung der Augen gibt es auch Varianten, die eine Fehlsichtigkeit korrigieren können. Ist die optimale Linse durch einen Experten ermittelt worden, gibt es keinen Unterschied in der Handhabung gegenüber normalen Kontaktlinsen. Einzig Nachtfahrten mit dem Auto sollten nicht durchgeführt werden, da die Farbschichten der Linse die Weite der Pupille auf einen gewissen Bereich begrenzt. Darunter leidet die Anpassung auf Lichtverhältnisse bei Dunkelheit.
Quellen:
(1) Statista: Anzahl der Personen in Deutschland, die Sehhilfen (Brille oder Kontaktlinsen) nutzen, von 2014 bis 2018 (in Millionen), abgerufen am 02.04.2019 von: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/171243/umfrage/tragen-einer-brille-oder-von-kontaktlinsen/
(2) Jack Schaeffer, Jan Beiting: The Early History of Contact Lenses.
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