Man spricht von einer Anisometropie (Ungleichsichtigkeit), wenn sich das rechte und das linke Auge in der Art oder dem Ausmaß einer optischer Fehlsichtigkeit (Ametropie) unterscheiden. Das heißt, dass zwischen beiden Augen eine Differenz im Sehvermögen besteht. So kann ein Auge weit- und das andere kurzsichtig sein. Ab einem Unterschied von 2,00 Dioptrien oder mehr handelt es sich um eine Anisometropie, die vom Augenarzt behandelt werden sollte.
Anisometropie: Die Einführung
Als Anisometropie bezeichnet man die „Ungleichsichtigkeit beider Augen“. Das heißt, das rechte und das linke Auge sind unterschiedlich fehlsichtig. Darüber hinaus kann auch ein Auge schwach, das andere sehr stark weitsichtig sein. Die Differenz der Brechkraft der Augen bei einer Anisometropie wird in Dioptrien angegeben. Als normal gelten Differenzen in der Brechkraft der meisten Augenpaare von maximal 0,5 Dioptrien.
Bei diesen „normalen“ Differenzen kann das Gehirn die beiden Seheindrücke jedes einzelnen Auges noch zu einem scharfen Bild zusammenfügen. Liegt eine Differenz größer als 2 Dioptrien vor, gelingt dem Gehirn genau das nicht mehr. Das Gehirn bevorzugt dann das Bild von dem Auge, das schärfer sieht als das andere. In der Folge kommt es zur Wahrnehmung von Doppelbildern, Probleme beim räumlichen Sehen und normales Sehen ist nicht mehr möglich.
Treten Anisometrien im Kleinkindalter auf und werden nicht behandelt, kann dies zu einer funktionalen Schwachsichtigkeit des Auges, das stärker fehlsichtig ist, führen.
Das Gehirn bevorzugt das Auge, dass ein schärferes Bild liefert und schaltet das stärker fehlsichtige Auge quasi ab.
In der Folge lernt dieses nicht richtig korrekt zu sehen. Es kommt zur Entwicklung einer Schwachsichtigkeit (Amblyopie) und häufig zu schielen (Strabismus). Eine Anisometropie sollte daher möglichst vor dem Eintreten der Pubertät behandelt werden, da sie zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr erfolgreich therapierbar ist.
Anisometropie: Die Ursachen
Es werden zwei Formen einer Anisometropie unterschieden, die jeweils aufgrund unterschiedlicher Ursachen auftreten können. In beiden Fällen wird der Brennpunkt der einfallenden Lichtstrahlen nicht direkt auf der Netzhaut abgebildet.
- Brechwertanisometropie: Bei dieser Form der Ungleichsichtigkeit liegt die Ursache in der unterschiedlichen Brechkraft der Augenlinse oder der Hornhaut des Auges. Bei einer zu hohen Brechkraft der Linse kommt es zu einer Kurzsichtigkeit, bei einer zu schwachen Brechkraft zu einer Weitsichtigkeit. Darüber hinaus können auch Achsenfehler (Hornhautverkrümmung) nur ein Auge betreffen oder unterschiedlich stark an beiden Augen auftreten und eine Anisometropie verursachen.
- Längenanisometropie: Als Ursache dieser Form liegen zwei verschiedene Augäpfel je Auge vor, die sich in ihren Baulängen unterscheiden können. Ist der Augapfel zu kurz, liegt der Brennpunkt hinter der Netzhaut und verursacht eine Weitsichtigkeit. Ist der Augapfel zu lang, liegt der Brennpunkt vor der Netzhaut und es liegt eine Kurzsichtigkeit vor.
In seltenen Fällen können auch ein hängendes Augenlid, die Augenerkrankungen Grauer Star oder eine Verletzung bzw. Entfernung der Augenlinse als Verursacher für die Anisometropie infrage kommen.
Anisometropie: Die Symptome
Bei gesunden Menschen kommen im Gehirn zwei weitgehend identische Bilder an. Liegt bei Betroffenen eine Anisometropie vor, werden über den Sehnerv sowohl scharfe als auch unscharfe Bilder zur selben Zeit ins Gehirn geleitet. So werden zum Beispiel nahe Gegenstände von dem kurzsichtigen Auge scharf, von dem weitsichtigen Auge unscharf gesehen. Mit Objekten in der Ferne verhält es sich genau umgekehrt. Es gilt, die scharfen Darstellungen zu identifizieren und die weniger guten Bilder auszublenden.
Anisometropie: Die Diagnose
Das genaue Ausmaß der Anisometropie kann der Augenarzt oder Augenoptiker mit einer Messung der Sehschärfe ermitteln. Die ermittelten Werte helfen dem Augenoptiker dabei, die richtige Sehhilfe anzupassen. Die Ermittlung erfolgt für beide Augen einzeln. Wichtig ist, dass im Anschluss beide Fehlsichtigkeiten korrigiert werden, um die Entwicklung einer Schwachsichtigkeit zu vermeiden. Das kann auch dazu führen, dass ein Brillenglas konvex und das andere konkav geformt ist.
Anisometropie: Die Behandlung
Am Anfang jeder Therapie steht die exakte Ermittlung der separaten Sehschärfe beider Augen. Kleinere Abweichungen zwischen dem linken und dem rechten Auge von 0,25 oder 0,5 Dioptrien ergeben sich dabei bei fast jedem Menschen und gelten als normal. Beträgt die Differenz mehr als 2 Dioptrien muss eine weitere Therapie eingeleitet werden. Dafür stehen drei unterschiedliche Methoden zur Verfügung – ein operativer Augenlaser-Eingriff, Kontaktlinsen oder eine Brille.
Mit einer Brille
Fertigt der Optiker eine Brille an, verwendet er Gläser, die sich zum Beispiel um 0,25 oder 0,5 Dioptrien unterscheiden. Damit versucht er, sowohl die Fehlsichtigkeit beim relativ stärkeren als auch beim schwächeren Auge optimal auszugleichen. Das kann dazu führen, dass in einem Teil der Brille konvexe (Sammellinse) und im anderen Teil konkave (Streuungslinse) Gläser zum Einsatz kommen. Dabei entstehen Netzhautabbildungen unterschiedlicher Größe (Aniseikonie), die vom Gehirn nur sehr schlecht und mit viel Anstrengung wahrgenommen werden können.
Dem Augenoptiker sind zudem natürliche Grenzen bei der Anpassung einer Brille gesetzt. Als maximale Differenz zwischen dem linken und dem rechten Brillenglas gelten drei Dioptrien. Weichen die beiden Fehlsichtigkeiten stärker voneinander ab, ist die Behandlung mit einer Brille ohnehin ausgeschlossen, da es zu Wahrnehmungsstörungen kommen kann.
Mit Kontaktlinsen
Kontaktlinsen bieten gegenüber Brillen einige Vorteile bei dem Ausgleich einer Anisometropie. Gerade bei Differenzen der Werte von mehr als 3 Dioptrien zwischen beiden Augen ist eine Therapie mit einer Brille ausgeschlossen und die Anwendung von Kontaktlinsen die einzige Möglichkeit einer Therapie. Im Gegensatz zur Brille liegen diese direkt auf dem Auge auf und die erzeugten Bilder erscheinen unabhängig von der Fehlsichtigkeit in Originalgröße auf der Netzhaut. Zudem verändern Kontaktlinsen nicht die Symmetrie des Gesichtes und erzeugen keine Druckstellen auf der Nase.
Mit einem Augenlasereingriff
Als dritte Variante besteht die Möglichkeit eines operativen Augenlaser-Eingriffes. Dabei wird mittels eines Lasers die Hornhaut der Augen so angepasst, dass eine Korrektur der Kurz- oder Weitsichtigkeit und Angleichung der vorliegenden Fehlsichtigkeiten erfolgt. Diese Möglichkeit bietet sich allerdings nur bei Erwachsenen an und ist bei Kindern äußerst umstritten.
Quellen:
Buser, A. & Friedburg, D. & Lachenmayr, B.: Auge – Brille – Refraktion. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 5. Auflage, 2016.
Grehn, F.: Augenheilkunde, Springer-Verlag. Heidelberg, 31. Auflage, 2012.
Pschyrembel, W.: Pschyrembel Klinisches Wörterbuch. Walter De Gruyter Verlag, Berlin, 261. Auflage, 2007.
Walter, P. & Plange, N.: Basiswissen Augenheilkunde. Springer-Verlag, Heidelberg, 1. Auflage, 2017.
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