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Entwicklung des Sehvermögens: Was sieht mein Baby wirklich?

Babys sind in der Lage von Geburt an zu sehen, allerdings müssen sich die Sehschärfe und die Abstimmung der Augen untereinander erst noch entwickeln. So nehmen Neugeborene in den ersten Wochen ihre Umgebung nur schemenhaft und verschwommen wahr.

Dennoch spielt das Sehvermögen von Geburt an eine wichtige Rolle in der Wahrnehmung und Entwicklung des Säuglings. Daher ist es umso wichtiger, dass Eltern in grundlegenden Dingen über die Entwicklung des Sehvermögens ihres Kindes Bescheid wissen.

Sehvermögen: Einführung

Schon im Bauch seiner Mutter hat das Baby das Sehvermögen grundsätzlich ausgebildet. Während der Schwangerschaft entwickeln sich die Augen bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt.

Allerdings sind diese vom Anfang des zweiten bis zum siebten Schwangerschaftsmonat durch Lider verschlossen, die gleichzeitig auch die Augen schützen sollen. Etwa ab der 28. Schwangerschaftswoche öffnet das ungeborene Kind die Augen und beginnt Helligkeitsunterschiede wahrzunehmen. Licht das durch die Bauchdecke scheint, nimmt das Kind zum Beispiel als helle Tönung wahr.

Nachdem das Neugeborene auf die Welt gekommen ist, muss es die Fähigkeit des Sehens erst noch erlernen; genauso wie das Sprechen oder die Motorik. So ist die visuelle Wahrnehmung abhängig von der altersgerechten anatomischen Entwicklung des Kindes, welche sich in den ersten Lebensjahren ausprägt.

Aber genau da liegt auch die Schwierigkeit. Kinder können nicht kommunizieren, wenn sie schlecht sehen. Laufen die Mechanismen während dieser sensiblen Phase nicht korrekt ab, so kann sich ein Sehfehler entwickeln, welcher mitunter erst sehr spät festgestellt wird.


Sehvermögen: Entwicklung

Das „visuelle Verständnis“ eines Kindes direkt nach der Geburt beträgt maximal 3% des einen Erwachsenen. Die Sehschärfe des Neugeborenen liegt unter 1%.

Dies liegt daran, dass Neugeborene noch keine Makula (Stelle des schärfsten Sehens) im Zentrum der Netzhaut aufweisen. Diese muss sich erst noch ausbilden. Vor allem im ersten Lebensjahr reift das Sehvermögen entscheidend heran und entwickelt sich beträchtlich.

1. Lebensmonat

Das Neugeborene sieht zunächst sehr unscharf und kann im Wesentlichen nur Hell- und Dunkel unterscheiden, sowie Umrisse oder starke Kontraste erkennen.

Farbnuancen erkennt das Baby noch nicht. Es schafft nur sehr nahe Distanzen (maximal bis zu 20-30cm) wahrzunehmen, wie beispielsweise bis zum Gesicht der Mutter. Dies ist aber sehr wichtig für die erste Prägung zum Aufbau der Mutter-Kind-Beziehung.

2. bis 4. Lebensmonat

Das Baby kann nun Gesichtsumrisse oder grobe Strukturen und Muster wahrnehmen. Es beginnt sich auf die Augen der Eltern zu konzentrieren.

In diesen Lebensmonaten beginnen sich die grundlegenden Fähigkeiten des Sehens auszubilden: Bewegungswahrnehmung, Einstellung der Augen auf die Nähe (Nahkonvergenz und Akkommodation), das Stereosehen sowie die Kontrastempfindlichkeit.

In dieser Zeit kann es zu einem leichten, zeitweisen Schielen kommen, was aber völlig normal ist. Darüber hinaus nimmt die Lichtempfindlichkeit des Babys zu und es fängt bei hellem Licht mit den Augenlidern zu blinzeln.

5. Lebensmonat

Das Baby lächelt nun auch die Eltern bewusst an, was darauf hindeutet, dass es das Gesicht der Mutter/ des Vaters (wieder-)erkennt.

Ebenso lässt sich ab diesem Lebensmonat die Entwicklung des Farbsehens zum ersten Mal messbar nachweisen. Kinder bevorzugen farbige Objekte vor grauen (deshalb ist Kinderspielzeug häufig bunt).

Kind Sehvermögen Entwicklung

6. bis 7. Lebensmonat

Die Auge-Hand-Koordination beginnt sich zu entwickeln. Das Kind fängt an gezielt nach Gegenständen zu greifen, die es erkennt und bald darauf auch festhalten kann.

Zusätzlich beginnt es diese Gegenstände in den Mund nehmen zu wollen. Dieses „Abtasten“ mit dem Mund hilft der Erkennung und dem Erlernen von Formen, Tiefen und Umrissen. Das Kind legt hierbei einen Katalog im Gehirn über Formenerkennung an, welcher später unser Erkennen von Dingen speist.

Ebenso kann das Kind nun verschiedene Mimiken/ Emotionen desselben Gesichtes erkennen und unterscheiden.

8. Lebensmonat

Das Kind erkennt mehr und mehr Details im Gesicht wie Nase oder Mund und kann auch schon vertraute von fremden Gesichtern unterscheiden. Hier kann auch das sogenannte Fremdeln beginnen.

11. Lebensmonat

Das Kind hat nun die Fähigkeit entwickelt, komplexe mit dem Sehen verbundene Fähigkeiten zu koordinieren. Es kann jetzt auf Zuruf Sehaktivitäten von selbst starten.

Fragen wie, „Wo ist Papa?“ können durch Umher blicken, suchen, finden, erkennen und mit dem Finger auf ihn zeigen, ausgeführt werden.

12. Lebensmonat

Das räumliche Sehen ist jetzt so weit entwickelt, dass es Gegenstände in die Hand nehmen und weitergeben kann. Die Sehschärfe ist nun rasant auf bereits etwa 50 Prozent angestiegen.

14. Lebensmonat:

Das Kind kann nun die Blickrichtung eines Erwachsenen verfolgen.

Ab dem 2. Lebensjahr:

Das Kleinkind kann nun emotionale Regungen wie beispielsweise Angst oder Freude vom Gesicht anderer erkennen und ablesen.

Ab dem 3. Lebensjahr

Die Empfindlichkeit auf Kontraste entspricht der eines Erwachsenen. Das Erlernen der perfekten Synchronisation zwischen beiden Augen spielt immer besser zusammen; dies ist wichtig für das räumliche Sehen.

Bis zum 5. Lebensjahr

Die wesentlichen Sehfähigkeiten sind angelegt, die Sehschärfe wird von Jahr zu Jahr immer besser und beträgt jetzt schon fast genauso viel wie bei einem Erwachsenen. Die periphere, also räumliche Wahrnehmung entwickelt sich bis etwa zum 8./9. Lebensjahr.

Ab dem 11./12. Lebensjahr

Die Sehschärfe sowie das räumliche Sehen haben sich vollends entwickelt und manifestiert. Das Gesichtsfeld gleicht nun dem eines Erwachsenen.


Sehvermögen: Was müssen Eltern beachten?

Eltern sollten ihre Kinder immer ganz genau beobachten.

Bei folgenden (altersabhängigen) Auffälligkeiten sollte immer der Kinderarzt beziehungsweise der Augenarzt aufgesucht werden:

  • Das Einnehmen komischer Haltungen während des Spielens
  • Eine auffällige Unlust gegenüber Spielen/ Lesen in der Nähe
  • Ein Auge zukneifen oder übermäßig große Augen machen
  • Lichtscheues Verhalten oder keinerlei Reaktion auf Licht/ Sonne
  • Häufig und auffälliges Zwinkern
  • Sehr nah an ein Spielzeug/ Buch herangehen
  • Schlechte Konzentration bei Naharbeiten
  • Das Vorbeigreifen an Gegenständen
  • Häufig an Möbeln/ Gegenständen anstoßen bzw. stolpern
  • Klagen über Kopfschmerzen / Bauchschmerzen
  • Das soziale Verhalten gegenüber gleichaltrigen verändert sich (Absondern)
  • Schulnoten werden plötzlich schlechter

Durch eine inadäquate Koordination des Wachstumsprozesses der Kinderaugen kann es in der Folge zu Fehlsichtigkeiten kommen. Aber nicht selten können auch angeborene Augenerkrankungen Schuld an einem schlechten Sehen des Kindes und dessen Entwicklung sein.

Ebenso spielt die altersgerechte Entwicklung des beidäugigen Sehens eine große Rolle für die Entstehung einer binokularen Tiefen-Wahrnehmung.

Besteht eventuell ein Schielen, so ist für das Kind mitunter die korrekte Entwicklung der Auge-Hand-Koordination sehr schwer zu erlernen. Es greift daneben, kann die Entfernung nicht einschätzen und macht eventuell ein Auge zu.

Dies kann dazu führen, dass das Kind sich angewöhnt, mögliche Doppelbilder und das Daneben-Greifen durch Schließen eines Auges zu kompensieren. Eine solche Strategie führt dann jedoch nicht selten zu einer Manifestation des Schielens mit damit einhergehender fehlender Tiefenwahrnehmung.


Sehvermögen: Vorsorgeuntersuchungen von großer Bedeutung

Für die Sehentwicklung des Kindes sind besonders die Vorsorgeuntersuchungen beim Kinderarzt von großer Bedeutung. Vor allem die U5, U8 und U9 untersuchen das Kind auf eine normgerechte Entwicklung des Sehens und den daraus sich ergebenden grundlegenden motorischen, physiologischen und sozialen Anlagen.

Aber auch eine Vorsorge-Untersuchung beim Augenarzt, auch ohne einen begründeten Verdacht, ist immer zu empfehlen. Spätestens ein halbes Jahr vor der Einschulung sollte jedes Kind eine Kontrolle beim Augenarzt oder speziell ausgebildeten Augenoptiker/ Optometristen erhalten haben. Im Fall eines bis dahin unerkanntem Sehfehler, wäre dann noch Zeit zur ersten Behandlung.

Liegt seitens der Eltern oder Großeltern eine allgemeine systemische- oder eine chronische Augenerkrankung vor, so sollte das Neugeborene bis spätestens zum 12. Lebensmonat augenärztlich vorgestellt werden. Dies gilt gleichermaßen für Frühchen und Neugeborene, dessen Eltern beziehungsweise Geschwister manifest Schielen.

Wurde seitens des Spezialisten festgestellt, dass das Kind einen Behandlungsbedürftigen Sehfehler aufweist, sollten die Eltern das Kind stets spielerisch motivieren die Brille regelmäßig zu tragen. Auch wenn das Kind versucht diese immer wieder abzusetzen.

Zum anderen sollten die empfohlenen Nachkontroll-Termine eingehalten werden. Die erste Nachkontrolle sollte immer ein paar Wochen nach Erhalt der neuen Kinderbrille stattfinden, denn gerade bei weitsichtigen Kindern stellt sich eine Verbesserung des Sehens erst nach einer gewissen Tragezeit ein. Die Augenlinse entspannt erst langsam: die Akkommodation (Einstellung der Linse auf die Nähe) fällt dem Kind sukzessive leichter. Das Kind kann nun in der Nähe besser Sehen und sich besser konzentrieren. Oben genannte Symptome beim Nahsehen verbessern sich deutlich.

Die kindgerechte Sehstärkenbestimmung

Die Refraktionsbestimmung bei Kindern ist die Basis zur Beurteilung des visuellen Systems. Eine rechtzeitige Kontrolle der Sehschärfe und mögliche Fehlsichtigkeit gibt notwendige Informationen über den Entwicklungsstand und die eventuelle Notwendigkeit weiterführender Untersuchungen beziehungsweise Behandlungen.

Mit dieser Vorsorge bleibt eine Fehlsichtigkeit dann mit Sicherheit nicht unentdeckt und kann rechtzeitig korrigiert werden. Ab welcher Sehschwäche korrigiert werden sollte, wird innerhalb der Literatur und der Wissenschaft zum Teil kontrovers diskutiert. Hier gibt es leider keine übereinstimmenden Ergebnisse.

Grundlegend sollte festgehalten werden, dass immer dann eine Korrektur als zielführend zu betrachten ist, wenn die Entwicklung des Kindes ohne Korrektur gefährdet ist, die Gefahr der Entstehung einer Schwachsichtigkeit besteht sowie eine nicht altersgerechte Sehschärfe besteht.

Refraktionsbestimmungen bei Kindern unterscheiden sich grundlegend von der Refraktionsbestimmung bei Erwachsenen. Ursache hierfür ist die unterschiedliche altersbedingte Kommunikationsfähigkeit sowie der Einfluss der Akkommodation.

Um letztere besser einschätzen zu können, verabreicht der Augenarzt dem Kind Augentropfen, welche die Pupille erweitern aber auch die Fähigkeit der Akkommodation für einen kurzen Zeitraum ausschalten. Auf diesem Wege lässt sich der Sehfehler präziser bestimmen. Objektive Refraktionsbestimmungen sollten in jedem Falle das Verfahren der Wahl sein.

Aber auch eine kindgerechte Altersdifferenzierung bei der Auswahl des Messverfahrens ist ganz wichtig. Im schlimmsten Falle können durch nicht altersentsprechende Teste, Fehlsichtigkeiten übersehen oder hinzugedeutet werden. Ein Sehtest bei Kindern sollte immer in einer spielerischen Umgebung und vor allem schnell von erfahrenen Speziallisten durchgeführt werden. So lassen sich Fehlinterpretationen vermeiden.

Die Basis einer jeden präzisen Refraktionsbestimmung bei Kindern sollte eine detaillierte Anamnese sein. Sehr hilfreich ist in diesem Zusammenhang ein vorher von den Eltern ausgefüllter Anamnesebogen, welcher vor der Planung und Ausführung der Teste mit den Eltern zusammen besprochen wird.


Sehvermögen: Fazit

Sehfehler bei Kindern können zum Teil lange unentdeckt bleiben und führen mitunter zu Verzögerungen oder gar Störungen in der Entwicklung des Kindes. Kontrollen beim Spezialisten sind immer ratsam.

Wenn das Kind einen Sehfehler aufweist, welcher mit Brillen korrigiert werden muss, so gibt es speziell für jedes Lebensalter geeignete Kinderbrillen. In manchen Fällen ist auch eine Kontaktlinsen-Anpassung notwendig und möglich.

Für Eltern, welche zusätzliche Informationen wünschen, denen legen wir die Internetseit https://www.kindundsehen.de ans Herz. Diese informiert nicht nur zum Thema, sondern gibt auch eine Auflistung der Bundesländer mit entsprechend spezialisierten und zertifizierten Kinder-Augenoptikern.


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