Ein verstopfter Tränenkanal (lat.: Dacryocystitis) führt bei Betroffenen dazu, dass die Tränenflüssigkeit nicht mehr über zwei kleine Öffnungen an Ober- und Unterlid des Auges abfließen kann. In Folge dessen kommt es zu einem vermehrten Tränen der Augen. Dies kommt am häufigsten bei neugeborenen Babys vor, kann aber auch Erwachsene betreffen. Lesen Sie in diesem Beitrag alles über die Ursachen, Symptome und Therapien von verstopften Tränenkanälen.
Verstopfter Tränenkanal: Einführung
Der Tränenkanal spielt eine entscheidende Rolle bei der Ableitung überschüssiger Tränenflüssigkeit. Überschreiten die Tränen das normale Maß zur Befeuchtung der Augen, sorgt der Tränenkanal dafür, dass die Flüssigkeit durch die Nase abgeleitet wird. Dazu mündet der Tränenkanal in zwei kleine Öffnungen an der inneren Kante des Ober- und Unterlids. Diese Funktion erklärt, warum wir bei starkem Weinen „Rotz und Wasser“ heulen oder warum unsere Nase läuft, wenn die Augen tränen – beispielsweise bei einer allergischen Reaktion.
Vor der Geburt ist der Tränen-Nasen-Kanal von einer dünnen Membran verschlossen. Normalerweise öffnet sich diese Membran kurz nach der Geburt von selbst. Bleibt dies jedoch aus oder treten im späteren Leben Infektionen, Verletzungen oder andere Blockaden auf, kann es zu einem verstopften Tränenkanal kommen. Ein verstopfter Tränenkanal führt oft zu unangenehmen Symptomen wie ständigem Tränenfluss oder sogar zu Entzündungen, die behandelt werden müssen.
Verstopfter Tränenkanal: Ursachen
Ein verstopfter Tränenkanal kann unterschiedliche Ursachen haben. Diese sind:
- 1. Angeborene Ursachen
Bei bis zu einem Fünftel aller Neugeborenen ist der Tränenkanal bei Geburt verstopft oder behindert. Die häufigste Ursache ist die sogenannte Hasner-Membran – ein dünnes Häutchen, das den Tränen-Nasen-Kanal verschließt. Diese Membran öffnet sich normalerweise wenige Tage oder Wochen nach der Geburt, spätestens jedoch innerhalb der ersten fünf Lebensmonate. In seltenen Fällen können auch Entwicklungsprobleme der Schädel- und Gesichtsstruktur zu einem verstopften Tränenkanal führen. - 2. Infektionen und Entzündungen
Infektionen oder Entzündungen der Augen, der Nase oder der Tränenkanäle selbst sind häufige Ursachen für einen verstopften Tränenkanal. Dabei können Entzündungen sowohl die Folge als auch die Ursache einer Blockade sein, da sie den Abfluss von Tränenflüssigkeit zusätzlich erschweren. - 3. Altersbedingte Verengung der Tränenkanäle
Mit zunehmendem Alter kann es zu einer Verengung der Tränenkanalöffnung kommen. Dieser natürliche Prozess erhöht das Risiko, im späteren Leben einen verstopften Tränenkanal zu entwickeln. - 4. Tumore oder Zysten
Krankhafte Wucherungen wie Tumore oder Zysten können die Tränenkanäle blockieren und zu einem verstopften Tränenkanal führen. Dies erfordert in der Regel eine gezielte medizinische Abklärung und Behandlung. - 5. Gesichtsverletzungen
Verletzungen an den umgebenden Knochenstrukturen oder den Tränenkanälen selbst können deren Funktion beeinträchtigen. Dies führt häufig zu einer Verlegung oder Blockade, die sich als verstopfter Tränenkanal äußert.
Verstopfter Tränenkanal: Symptome
Eine Tränenkanalblockade, ein verstopfter Tränenkanal oder einer daraus resultierenden Infektion kann bei Neugeborenen oder Erwachsenen (vor allem Frauen) verschiedene Symptome zur Folge haben. Dabei können folgende Symptome auftreten:
- Erhöhte Tränenbildung im Auge
- Übermäßiges Tränen der Augen
- Feuchte Augen
- Verschwommenes Sehen
- Wiederkehrende Infektionen und Entzündungen der Augen
- Dickflüssigere Tränen
- Ansammlung und Austritt von Schleim in den Augenlidern
- Schwellungen oder Schmerzen im Bereich des inneren Augenwinkels
Verstopfter Tränenkanal: Diagnose
Um eine Tränenkanalblockade genauer zu diagnostizieren, sollte ein Augenarzt aufgesucht werden. Anhand der Krankengeschichte und einer umfassenden Augenuntersuchung kann festgestellt werden, was die Verstopfung verursacht. Neben einer möglichen Entzündung geht es auch darum, andere Augenkrankheiten wie eine angeborene Bindehautentzündung, einen Tumor oder ein Glaukom auszuschließen.
Für die Diagnose eines verstopften Tränenkanals tropft der Arzt in der Regel eine gefärbte Flüssigkeit ins Auge. Bleibt der normale Abfluss der Tränenflüssigkeit blockiert und können Patienten die Flüssigkeit möglicherweise im Rachen schmecken oder spüren, deutet dies auf einen verstopften Tränenkanal hin.
Liegt die Ursache in einer Entzündung des Tränensacks, lässt sich dies durch sanften Druck auf den Augenwinkel nachweisen. Oft kann Eiter aus dem Tränensack gedrückt werden, was auf eine Entzündung als Ursache der Tränenkanalblockade hinweist.
Ein verstopfter Tränenkanal erfordert eine präzise Diagnostik, um die richtige Behandlungsstrategie zu wählen und mögliche Komplikationen frühzeitig zu verhindern.
Verstopfter Tränenkanal: Behandlung
Die beste Auswahl der Behandlung hängt davon ab, wodurch die Blockade der Tränenkanäle verursacht wird. Grundsätzlich sollte man die Verstopfung zuerst konservativ behandeln und versuchen mit der am wenigsten invasiven Option eine Linderung herzustellen.
Behandlung Babys
Bei den meisten Babys öffnet sich der Tränenkanal nach der Geburt von selbst. Auch wenn dies mehrere Monate dauern kann, ist in den meisten Fällen keine zusätzliche Behandlung notwendig. Währenddessen können Eltern jedoch unterstützend handeln: Eine sanfte Reinigung der Augen mit lauwarmem Wasser hilft, Ablagerungen wie Eiter an den Augenlidern zu entfernen. Zudem kann eine gezielte Massage des Gewebes um das Auge helfen, den verstopften Tränenkanal zu öffnen. Dabei empfiehlt es sich, mit dem kleinen Finger kreisförmig vom Tränenpünktchen (an der Innenseite des unteren Augenlids) schräg nach unten zur Nase hin zu massieren.
Bleibt die Verstopfung des Tränennasenkanals bestehen und öffnet sich nicht innerhalb der ersten Monate von allein, ist in den meisten Fällen ein operativer Eingriff erforderlich. Unter Vollnarkose wird die Membran im Tränenkanal mit einer stumpfen Sonde geöffnet. Gleichzeitig erfolgt eine Weitung (Dilatation) und Spülung des Kanals, um mögliche Blockaden zu lösen. Dieser Eingriff dauert in der Regel weniger als 30 Minuten.
Führt die Sondierung und Spülung nicht zu einer Verbesserung, gibt es weitere chirurgische Möglichkeiten zur Behandlung eines verstopften Tränenkanals. Dazu gehören:
- Ballondilatation: Ein kleiner Ballon wird im Tränenkanal aufgeblasen, um diesen zu weiten.
- Schlauchimplantation: Ein dünner Schlauch wird für drei bis vier Monate eingesetzt, um den Abfluss der Tränenflüssigkeit zu sichern.
- Dacryocystorhinostomie (Bypass): Als letzte Option wird ein Bypass zwischen Tränenkanal und Nase angelegt. Diese Methode kommt nur dann zum Einsatz, wenn alle anderen Verfahren erfolglos bleiben.
Ein verstopfter Tränenkanal kann in den meisten Fällen erfolgreich behandelt werden, sodass die Betroffenen wieder einen normalen Tränenfluss und Komfort genießen können.
Behandlung Erwachsene
Anders als bei Babys sind verstopfte Tränenkanäle Anzeichen einer Verengung oder anderer Probleme die üblicherweise nicht reversibel, sondern von Dauer sind, wenn sie nicht ausreichend therapiert werden. Die Behandlungsverfahren sind die gleichen wie bei Babys. Auch bei Erwachsenen wird in einem ersten Schritt versucht, die Blockade durch verstopfte Tränenkanäle schonend zu lösen.
Liegt als Ursache der Verstopfung eine Infektion vor, werden oft orale Antibiotika oder antibiotische Augentropfen verschrieben. Diese verhindert, dass die Bakterien wachsen oder sich vermehren und dämmen so die Entzündung ein. Bei der Verwendung von Augentropfen sollten Betroffene sich vor der Anwendung immer die Hände waschen, um zu verhindern, dass weitere Bakterien in das Auge gelangen.
Eine weitere Behandlungsalternative stellt die sanfte Massage der Tränensäcke dar. Diese kann durchgeführt werden, um den Tränenkanal zu öffnen und das Abfließen zu begünstigen. Dafür einfach die Zeigefinger an den inneren Ecken der Augen platzieren und für einige Sekunden Druck auf diese Stelle ausüben. Der Vorgang kann drei- bis fünf Mal am Tag wiederholt werden.
Tritt im Rahmen der konserverativen Therapiemöglichkeiten keine Besserung ein, sind operative Methoden die weiteren Optionen. Dabei gilt, dass die ersten chirurgischen Behandlungsverfahren immer die wenig invasive Erweiterung, Spülung und Sondierung des Tränenkanals sein sollten. Wie auch bei Kindern werden alle Verfahren auch bei Erwachsenen unter einer Allgemeinanästhesie durchgeführt und dauern etwa 30 Minuten.
Bei Erwachsenen kann zudem eine Dacryocystorhinostomie (DCR), also eine operative Entfernung des Tränenkanals bei gleichzeitiger Anlegung eines Bypasskanals, erfolgen. Darüber hinaus steht mit der sogenannten endonasale Tränengangsoperation eine weitere Operationsmethode zur Verfügung, bei der über die Nase ein Stück der Knochenlamelle zwischen Tränensack und Nasenhöhle entnommen und so eine abflussfreie Mündung der Tränengänge hergestellt wird.
Quellen:
Bowling, B.: Kanskis Klinische Ophthalmologie: Ein systematischer Ansatz. Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, München, 8. Auflage, 2017.
Esser, J., Lang, G.K. & Lang, G.E. : Schlaglicht Augenheilkunde: Kinderophthalmologie. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 1. Auflage, 2015.
Pleyer, U. (Hrsg.): Entzündliche Augenerkrankungen. Springer-Verlag, Heidelberg, 1. Auflage, 2014.