In den letzten 30 Jahren hat sich die Anzahl der Menschen mit einer Kurzsichtigkeit (Myopie) in Industriestaaten so gut wie verdoppelt. Besonders bei Menschen die viel am Schreibtisch sitzen und arbeiten lässt sich ein starker Anstieg der Patientenzahlen mit Kurzsichtigkeit registrieren. Auch im Kindesalter kommt es zu einer Zunahme der Patienten mit Myopie. In Großbritannien ist inzwischen jeder zweite Student an der Universität kurzsichtig.¹ Erfahren Sie in diesem Beitag, wie eine Kurzsichtigkeit schon bei Kindern verhindert oder das Fortschreiten behandelt werden kann.
In einer Welt, in der Menschen immer früher in Kontakt mit Bildschirmen kommen und die Bildschirmzeit während der Arbeits- und Freizeit durch Computer und Smartphones immer weiter steigt, muss davon ausgegangen werden, dass in den nächsten 50 Jahren noch ein Anstieg von Patienten mit einer Kurzsichtigkeit von 65% dazukommt: Studien prognostizieren, dass im Jahr 2050 über die Hälfte der Weltbevölkerung kurzsichtig ist.
Davon sind auch Kinder immer häufiger betroffen. Nicht nur zuhause kommen sie immer früher und immer länger mit Bildschirmen in Kontakt. Auch Schulen arbeiten zu Zeiten der Digitalisierung immer mehr mit Bildschirmen. Für eine Bildung, die Kinder und Jugendliche auch im Umgang mit Computern und digitalen Medien schulen soll, ist dies unumgänglich. Leider ist die Nebenwirkung dieser Entwicklung, dass immer mehr Kinder und Jugendliche schon in frühen Lebensjahren eine Kurzsichtigkeit entwickeln.
Risiken von Kurzsichtigkeit
Eine Kurzsichtigkeit ist nicht nur eine bloße Unannehmlichkeit für die Betroffenen. Oft entstehen aus dieser ersten Fehlsichtigkeit augenmedizinische Folgeerkrankungen. Verglichen mit Menschen ohne Sehfehler haben Menschen mit nur geringer Fehlsichtigkeit im Bereich von einer Dioptrie ein erhöhtes Risiko an Glaukom, hinteren subkapsulären Katarakten, Netzhautablösungen und Makuladegenerationen zu erkranken.
Bei steigender Fehlsichtigkeit erhöht sich das Risiko. Ein Mensch mit einer Fehlsichtigkeit von 5-6 Dioptrien ist das Risiko eines späteren Schadens an der Makula bereits 40 Mal so hoch wie bei einem Normalsichtigen.² Daher ist es bei Kindern und Jugendlichen besonders wichtig, die Fehlsichtigkeit möglichst früh zu diagnostizieren und zu behandeln, damit sich diese nicht unnötig verschlimmert.
Prävention und Korrektur der Kurzsichtigkeit
Dabei gibt es Mittel und Wege um eine Kurzsichtigkeit – besonders bei Kindern – zu verhindern oder zumindest deren Fortschreiten zu Verlangsamen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Ihr Kind an Kurzsichtigkeit erkrankt sinkt um ungefähr 30%, wenn das Kind über 14 Stunden pro Woche im Freien bei Tageslicht verbringt. Deshalb ist es nicht nur wegen der frischen Luft sinnvoll, das eigene Kind zu ermutigen, draußen zu spielen oder um die Motorik und Hand-Augen Koordination zu schulen, sondern um die Augen von der Bildschirmzeit zu entlasten.
Wenn erst einmal eine Kurzsichtigkeit diagnostiziert wurde, können Brillen und Kontaktlinsen helfen, den Fortschritt der Erkrankung zu bremsen. Forschungsergebnisse zeigen, dass Brillen mit Bifokalgläsern und Gleitsichtbrillen bei kurzsichtigen Menschen den Fortschritt der Erkrankung um 38-47% verlangsamen können.
Das Traurige bei Kindern dabei ist, dass brillentragende Kinder öfter Opfer von Mobbing werden. Daher sollten Kontaktlinsen bei Kindern als Alternative in Betracht gezogen werden. Für Kontaktlinsen liegen noch nicht so umfangreiche Studienergebnisse vor wie bei Brillen, aber erste vielversprechende Forschungsansätze zeigen, dass auch Kontaktlinsen bei der Bekämpfung von Kurzsichtigkeit helfen können.
Besonders die sogenannten Orthokeratologielinsen (ortho-k-linsen) sind bei der Therapie gegen Kurzsichtigkeit interessant. Metastudien legen nahe, dass diese die Krümmung des Auges und damit die Kurzsichtigkeit im Schnitt um 45% reduzieren können. Diese Ortho-K Linsen werden von den kleinen Patienten im Wesentlichen nur nachts getragen, tagsüber können die Kinder scharf sehen. Die Linsen sind formstabil und sauerstoffdurchlässig. Während des Tragens flachen sie die Augen um wenige hundertstel Millimeter ab und korrigieren die Sehschwäche hierdurch für kurze Zeit.
Für Kinder werden gegenwärtig spezielle Kontaktlinsen entwickelt, die besonders bei geringer Fehlsichtigkeit eine sinnvolle Alternative zur Brille sein können.
Multifokale Linsen als Therapiemittel für Kinder
Auch multifokale Linsen können für die Therapie von Kurzsichtigkeit bei Kinder hilfreich sein. Hierbei handelt es sich um Kontaktlinsen, die ähnlich wie eine Gleitsichtbrille funktionieren. Die Linse ist so konstruiert, dass die Sicht des Trägers in unterschiedlichen Bereichen unterschiedlich korrigiert wird. In der Mitte der Linse wird das Licht so gebrochen, dass die Tragenden eine scharfe Fernsicht haben. Andere Bereiche der Linse sind für eine fehlerfreie Normal- und Nahsicht optimiert.
Zwar benötigen Kinder keine Korrektur der Alterssichtigkeit, aber auch bei der Behandlung von Kurzsichtigkeit von Kindern sind Multifokale Linsen wie die MiSight 1 Day ein spannender Therapieansatz. Wissenschaftliche Studienergebnisse legen nahe, dass auch bestimmte Multifokallinsen die Entstehung von Kurzsichtigkeit bei Kindern verlangsamen können. Ein Vorteil von Kontaktlinsen besonders bei Kindern: Sie schränken ihre Bewegungsfreiheit nicht ein – und die Kinder können wie gewohnt toben und spielen.
Kinder und Jugendliche müssen allerdings eine gewisse Reife mitbringen, um mit den Kontaktlinsen umzugehen, damit ihre Augen gesund und ihr Sehvermögen intakt bleibt. Eltern sollen sich die Fragen stellen, ob ihr Kind verantwortungsbewusst ist. Macht es die Hausaufgaben ohne Aufforderung? Hält das Kind sein Zimmer sauber? Das Kind muss seine Kontaktlinsen selbstständig tragen und pflegen können, um seine eigenen Augen zu schützen.
Quellen:
¹ Logan NS, Davies LN, Mallen EA, Gilmartin B. Ametropia and ocular biometry in a U.K. university student population. Optom Vis Sci. 2005; 82(4):261-266.
² Holden BA, Fricke TR, Wilson DA, et al. Global prevalence of myopia and high myopia and temporal trends from 2000 through 2050. Ophthalmology. 2016; 123(5):1036-1042.
Burk, A. & Burk, R.: Checkliste Augenheilkunde. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 6. Auflage, 2018.
https://coopervision.de/kontaktlinsenspezialist/klinische-ressourcen/myopiebekampfung-bei-jugendlichen