Eines der bekanntesten Wearables für Augmented Reality (AR = erweiterte Realität) ist Google Glass. Hierbei handelt es sich um einen, mit einer Brille verbundenen, Minicomputer. Der Computer sitzt bei der aktuellen Version von Google Glass an einem der beiden Brillenbügel und kann Inhalte auf ein Brillenglas projizieren. Außerdem ist in die Brille eine Kamera integriert.
Die Geschichte von Google Glass
Die erste Version der AR-Brille stellte der kalifornische Internetkonzern, der auch die gleichnamige Suchmaschine betreibt, 2012 der Öffentlichkeit vor. Dieser 2011 entwickelte Prototyp war noch relativ schwer. Google verbesserte das Produkt in den Folgejahren, bis es 2013 ersten Interessenten zum Test zugänglich gemacht wurde.
In der Öffentlichkeit fand das Projekt nur sehr wenige Anhänger, sodass Google Glass nie in dieser Form zum Verkauf angeboten worden ist. Vor allem durch die Integration einer Kamera wurden Träger der Google Glass als Datenspione wahrgenommen und teilweise als „Glassholes“ bezeichnet. Nach diesem Flop entschloss sich der Konzern dazu, Google Glass komplett neu zu designen und erst dem breiten Markt zugänglich zu machen, wenn das Produkt perfektioniert sei.
Die Enterprise Edition der Google Glass
Die gegenwärtig (nicht frei) erhältlichen Google Glass werden von Unternehmen und Organisationen genutzt, die Augmented Reality in ihre Arbeit integrieren möchte. Boeing nutzt Google Glass für die Entwicklung neuer Technologien, damit sich Ingenieure beispielsweise neue Bauteile dreidimensional vor Augen projizieren können, anstelle sie entweder als Modell produzieren zu lassen oder zweidimensional auf einem Computerbildschirm.
Mitte des Jahres 2019 kündigte Google eine neue Version der Google Glass an. Enterprise Edition 2 würde der Nachfolger von Google Glass Enterprise Edition werden.
Das Aussehen von Glass wurde komplett überarbeitet und der Computer weiter verbessert, sodass nicht nur mehr Rechenleistung zur Verfügung stehen sollte, sondern der Computer mit besserer künstlicher Intelligenz Sprachbefehle besser verarbeiten kann. Während bisher Google Glass mit einem eigenen Betriebssystem ausgestattet wurde, wird die Enterprise Edition 2 das erfolgreiche Mobile-Betriebssystem Android nutzen.
Mit der Vorgängerversion wird auch die zweite Enterprise Edition eine Gemeinsamkeit haben: die 999 Dollar teure Datenbrille wird weiterhin nicht Privatpersonen, sondern nur Unternehmen auf Nachfrage zur Verfügung stehen.
Google Glass ist in erster Linie ein Computer System, keine Brille als Sehhilfe. Menschen mit einer Sehschwäche bietet Google Brillengläser in unterschiedlichen Sehstärken an. Alternativ können Brillenträger auch eigene Gläser in das Google Brillengestell einsetzen lassen.
Was kann Google Glass?
Das System Google Glass ist ein tragbarer Minicomputer, der im Prinzip alle anderen tragbaren Gadgets, wie ein Smartphone, überflüssig machen würde. Der Computer kann wie auch ein Smartphone auch zum Telefonieren genutzt werden, E-Mails und Sofortnachrichten senden oder empfangen, Text, Bilder und Videos anzeigen oder Routeninformationen präsentieren. Außerdem kann die Videokamera aktiviert werden und aufzeichnen, was sich im Blickfeld des Trägers befindet.
Anders als bei einem Smartphone oder Computer werden die Informationen direkt in das Blickfeld des Trägers, auf das Brillenglas projiziert. Die Eingaben funktionieren nicht über einen Touchscreen oder eine Tastatur – sondern ausschließlich per Spracheingabe. Der Befehl „Ok Glass“ aktiviert den Sprachsensor von Google Glass und bereitet diesen auf eine Eingabe vor.
Damit die Nutzer nicht allein auf den Sprachsensor angewiesen sind, gibt es am Bügel der Datenbrille einen kleinen Touchsensor, mit dem Träger durch verschiedene Menüs navigieren können.
Was für Vorteile bieten Augmented Reality Brillen?
Die Augmented Reality ist ein relativ neues Feld, das zusammen mit der Virtual Reality (VR, Virtuelle Realität) aufgekommen ist. Mit AR-Technologie kann die tatsächliche, wahrgenommene Realität mit Gadgets wie Smartphones oder Datenbrillen sozusagen „erweitert“ werden. Gegenstände können in die Welt hineinprojiziert werden.
Der Vorteil bei AR liegt darin, dass die Nutzer sich den unterschiedlichen Gegenständen virtuell annähern können. Eine App erlaubt es beispielsweise, Möbel in ein Zimmer zu projizieren, was bei der Auswahl helfen soll. Auch bei der Aus- und Weiterbildung von Menschen kann AR helfen. Beispielsweise können angehende Mediziner dreidimensionale Puppen durch AR erweitern und an denen wirklichkeitsnahe Operationen vornehmen.
Auch Logistikunternehmen können Technologien wie Google Glass einsetzen. Beispielsweise kann ein Lagerhausmitarbeiter viel Zeit einsparen, wenn er den Barcode auf einem Produkt oder Paket nicht mit einem Gerät einscannen muss, sondern seine Brille dies automatisch kann.
Woher kam die Kritik an Google Glass?
Der größte Teil der Kritik an Google Glass entzündete sich an dem Eingriff in die Privatsphäre und Datenschutz der Menschen im Umfeld von Glass-Trägern, sehen. Vor allem die eingebaute Kamera, bei der niemand bemerken würde, ob diese gerade aktiviert wäre oder nicht, sei ein Eingriff in die Privatsphäre aller, die sich in der Umgebung von Glass-Trägern befänden.
Nicht nur hätten diese nicht ihr Einverständnis gegeben, gefilmt zu werden und, sie würde nicht mal bemerken, wenn sie gefilmt würden. Daher sei Google Glass für heimliches Ausspionieren und Überwachen prädestiniert.
Die undurchsichtigen Datenschutzrichtlinien Googles verstärkten diese Kritik nur noch. Denn es sei denkbar, so Datenschutzaktivisten wie Mark Hurst, dass alle Videos, die mit Google Glass aufgenommen werden würde, früher oder später auf den Servern Google gespeichert werden würden. Hier könnten die mit Google Glass gesammelten Daten durch Google ausgewertet werden und für die Zwecke des Unternehmens verwendet werden würden – ohne das die rechtmäßigen Eigentümer ihrer Daten, darüber informiert werden würden.
Der Widerstand war nicht nur im Internet anzutreffen. Einige Gastronomen kündigten beispielsweise an, dass sie ihren Gästen das Tragen von Google Glass in ihren Räumlichkeiten nicht gestatten werden würden.
Sind Datenbrillen wie Google Glass die Zukunft?
Nicht nur Google forscht an Datenbrillen. Auch Firmen wie North oder Snap arbeiten daran, Datenbrillen massentauglich zu machen und zu verkaufen. Das andere Firmen, die keinen so zwiespältigen Datenschutz-Ruf genießen wie Google an Datenbrillen arbeiten können, ohne dass es einen großen Aufschrei der Empörung provoziert, könnte der Grund sein, warum Google daran arbeitet, die neueste Version von Google Glass massentauglich zu machen.
Denn den datenschutzrechtlichen Bedenken könnte entgegengehalten, werden, dass Smartphone- und Handykameras zu Beginn ebenso umstritten waren.
Während North oder Snap noch an Datenbrillen arbeiten, hat Google bereits ein Patent für eine Datenkontaktlinse angemeldet. Dieses Patent ist zwar noch Zukunftsmusik, aber sehr interessant.
In dieser Kontaktlinse ist laut der Patentschrift eine Kamera integriert, die mit einem Blintzeln ausgelöst werden können soll. Das Bildmaterial für über Funk an ein mobiles Endgerät übertragen werden. Noch beeindruckender: Auch diese Kontaktlinse soll dazu in der Lage sein, dem Träger Informationen wie auf einem Display anzeigen zu können.
Solche Kontaktlinsen wären nicht nur ein nützliches AR-Hilfsmittel oder Spielzeug, sondern eine echte Bereicherung für Sehbehinderte. Beispielsweise könnte eine solche Kontaktlinse einem sehbehinderten Menschen zusammen mit einem Smartphone mitteilen, ob eine Straße frei ist und dass er sie jetzt überqueren kann.
Eine Datenkontaktlinse könnte beispielsweise mit einem Geflecht aus Graphen und Silbernanodraht in eine normale, weiche Kontaktlinse eingesetzt werden.
Quellen:
https://www.heise.de/newsticker/meldung/Google-Glass-Enterprise-Edition-2-wird-direkt-verkauft-4653631.html
https://www.computerworld.com/article/3519442/google-opens-up-glass-enterprise-edition-2-for-direct-purchases.html